Ausstellung im Atelier Brandt Credo von März bis April 2017

von Niels Behn am 12. März 2017

Träume und Erinnerungen                                                Märchenhafte Holzschnitte aus Brasilien vonTita do Rêgo Silva

Es scheint nicht nur ein großes Fest zu sein – es ist ein großes Fest. Fabelwesen mit Musikinstrumenten und Früchtekörben, auf Stelzen und zu Pferd bevölkern in der neuen Ausstellung im Atelier Brandt Credo die Wände der Galerie. Auf hohen Beinen schaukeln, tanzen, schlendern sie durch üppige Natur und scheinen nichts anderes im Sinn zu haben, als das Leben zu genießen. Es sind Bilder von Fröhlichkeit und Lebenslust. Tita do Rêgo Silva erinnert sich in ihren Holzschnitten an ihre Kindheit und die Feste in ihrer Heimatstadt Caxias. Es sind Erinnerungen an die Natur, Menschen, Tiere, Rituale und den Tanz des Windes. Den Schwerpunkt der aktuellen Ausstellung bildet eine Serie von 25 Holzschnitten, in der Tita do Rêgo Silva eine Bildwelt von Erinnerungen und Träumen erschaffen hat. Mit Ideenreichtum, hohem handwerklichen Geschick und prächtigen Farben gibt die Künstlerin dieser Kunst des Erzählens in unverwechselbarem Stil Gestalt.

In diese Bilderwelt einzutauchen heißt für den Betrachter, sich auf eine spannende Entdeckungsreise zu begeben und mitten im festlichen Trubel auch eine ganz besondere Figur zu entdecken: Stark und unerschütterlich steht eine weibliche Gestalt. Für die Künstlerin ein Symbol für Natur und Beständigkeit, fest verwurzelt in Traditionen und Mythen. Sie sagt: „Sie ist für mich eine starke Frau wie ein Baum, verbunden mit Mutter Erde. Für mich ist es auch eine Erinnerung an meine Mutter, die immer stark war und auch jetzt, mit 94 Jahren, immer noch sehr stark ist.“

Die Originalität von Tita do Rêgo Silvas Schaffen liegt in der Authentizität und der Identifikation mit ihren kulturellen Wurzeln, die hier zu neuem Leben und neuer Blüte erwachen. In der von ihr erschaffenen phantastischen Realität stehen auch in dieser Ausstellung hybride Geschöpfe und außergewöhnliche Tiere, Monster und Fabelwesen im Mittelpunkt. Sie findet ihre Motive in den für ihre Heimatgegend und die brasilianische Fauna typischen Tieren wie dem Fisch, dem Ameisenbär, dem Ochsen, dem Ziegenbock, dem Vogel, dem Krokodil, dem Gürteltier, der Ameise. Die ungewöhnliche Formgebung wird durch eine Längendehnung der Figuren erreicht, die zusammen mit den Aspekten der Metamorphose und der Vermischung der Kulturen eine ganz eigene Bildersprache begründet.

Wie aus einem unerschöpflichen Fundus machen sich die brasilianische Fabelwelt und die Farben des Alltags im Nordosten Brasiliens in ihrem Werk bemerkbar. Tita do Rêgo Silva gelingt es, zeitgenössische Kunst im wahrsten Sinne zu schaffen und trotzdem einer regionalen Kultur so eng verhaftet zu bleiben, dass sie diese Fabelwelt in unsere Zeit transportiert und somit international zugänglich macht.

Das faszinierende ist dabei, dass Tradition und moderne Ausdrucksformen, lokale Thematik und grenzüberschreitende Aussagen keine unüberwindlichen Gegensätze sind, sondern bewusst zum schöpferischen Prinzip erhoben werden.

Die Künstlerin, 1959 in Brasilien geboren, studierte Grafik und Kunstpädagogik an der Universität von Brasilia und lebt seit 1988 als freie Künstlerin in Hamburg. Neben klein- und großformatigen Farbholzschnitten hat sie mehrere Handpressenbücher mit Original-Holzschnitten selbst gedruckt. Ihr Name gehört mittlerweile zu den bekanntesten der Handpressenszene in Deutschland. Ihre farbenfrohen, expressiven Werke haben Wurzeln in der brasilianischen Kultur – in der sich indianische, afrikanische und christliche Traditionen mischen. Auch Höhlenmalereien und Comics beeinflussen die Bilderwelten der Künstlerin. Ihre Arbeiten sind in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland gezeigt worden und finden sich in vielen Privatsammlungen und Museen Europas und Südamerikas.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, dem in limitierter Auflage ein nummerierter und signierter Druck der Künstlerin beigelegt ist.

Die Arbeiten der Ausstellung „Träume und Erinnerungen“ können bis zum 30. April im Atelier Brandt Credo, Meyerstr. 145, 28201 Bremen, jeweils sonntags  von 16-18 Uhr betrachtet werden. Individuelle Besichtigungstermine sind nach Absprache unter Tel. 55 84 55 jederzeit möglich.

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